Wer hat sich nicht schon den Kopf zerbrochen, über das „Fachchinesisch“ der Zahnärzte? Bei jeder Kontrolluntersuchung geht es los. Es werden Zahlen, Fremdwörter und Buchstaben der Zahnarzthelferin diktiert, die dies auf der „Zahnkarte“ festhält. Zu gerne wüßte man, was das alles zu bedeuten hat.
Dieses Feuerwerk von Worten dient dazu, die Gebißsituation zu beschreiben und den Gebißzustand festzuhalten. Beginnen wir mit den Zahlen. In den meisten Praxen werden heute die Zähne im Gebiß mit zweistelligen Zahlen bezeichnet. Dieses Bezeichnungssystem ist noch recht jung. Es wurde 1971 von der Föderation Dentaire Internationale (FDI), einer internationalen Zahnärzte-Gesellschaft, als weltweit einzuführende Bezeichnung der Zähne vorgeschlagen und in Deutschland eingeführt.
Das Prinzip der Zahnbezeichnung basiert auf der Unterscheidung einzelner Zähne durch eine Ziffer und der Bezeichnung sogenannter Gebißquadranten (Gebißviertel) mit einer zweiten Ziffer. Für das Gebiß eines Erwachsenen wurden die Ziffern 1 bis 4 zur Quadrantenkennzeichnung benutzt. Die Einteilung in Quadranten ergibt sich durch die Unterteilung in Oberkiefer und Unterkiefer.
Eine Aufteilung jedes Kiefers erfolgt in „rechts von der Mittellinie“ und „links von der Mittellinie“.
Das Gebiß läßt sich so in vier Bereiche einteilen:
1. Willkürlich erhielt der Quadrant „Oberkiefer rechts“ die Kennziffer 1,
2. „Oberkiefer links“ die 2,
3. „Unterkiefer links“ die 3
4. und der „Unterkiefer rechts“ die 4 (siehe Abbildung).
Schema zur Zahnbezeichnung (FDI-Nomenklatur) der bleibenden Zähne
Übrigens bedeutet für den Arzt wie auch für den Zahnarzt die Angabe „rechts“ oder „links“ immer die Seite, die der Patient aus seiner Sicht meint. Spricht ein Arzt also von dem rechten Bein des Patienten, dann stellt er sich gedanklich hinter den Patient und meint das Bein, das auch für den Patienten das rechte ist.
Für die Kennzeichnung des Milchzahngebisses wurde dieselbe Quadranteneinteilung gewählt, nur erhielten diese Viertel (Quadranten) des Gebisses die Kennziffern 5 (rechts oben), 6, 7 (links unten) und 8 (siehe Abbildung).
Schema zur Zahnbezeichnung (FDI-Nomenklatur) der Milchzähne
Die einzelnen Zähne im Gebiß erhielten ebenfalls je eine Ziffer. Es begann mit der 1 für den ersten Zahn im Quadranten, der der Mittellinie am nächsten stand. Es folgte die 2, die 3 usw. bis zum letzten Zahn in jedem Quadranten, dem Zahn 8, dem Weisheitszahn, der landläufig auch als „Achter“ bezeichnet wird. In dieser Weise läßt sich jeder Zahn im Gebiß festlegen.
Um die Unterteilung zwischen Quadranten- und Zahnangabe nicht zu verwischen, einigte man sich, die zwei Ziffern zur Zahnkennzeichnung getrennt auszusprechen. Der Eckzahn (dritte Zahn von der Mittellinie) im Oberkiefer links wird also nicht als Zahn dreiundzwanzig angegeben, sondern heißt nach diesem System (FDI-Nomenklatur) Zahn 2b (zwei-drei). Der entsprechende Milchzahn heißt dann 63 (sechs-drei).
Auch wenn es für den Laien so aussieht, als hätte jeder Zahn eine andere Form, so finden sich doch Zähne, die in ihrer Grundform sehr ähnlich sind. Dies hängt mit ihrer Funktion im Gebiß zusammen. Die Zähne, die vorne im Gebiß stehen, direkt hinter den Lippen, werden wegen dieser Stellung als Frontzähne (siehe Abbildung unten) bezeichnet. Da sie die Speisen zerschneiden, heißen sie auch Schneidezähne (Incisivi).
Zähne, die im Gebiß auf der Seite stehen, können als Seitenzähne bezeichnet werden.
In der Ecke zwischen Front- und Seitenzähnen steht der Eckzahn (Caninus). Er ist sehr dick und kräftig und übernimmt bei den fleischfressenden Raubtieren (lat. Canini) die Aufgabe, sich in der erjagten Beute festzuhaken und dabei möglichst die Halsschlagader des erbeuteten Tieres zu zerreißen, was ihm den Namen Reißzahn einbrachte. Da wegen dieser Funktion die Verankerung des Reißzahnes im Knochen besonders stabil sein muß, hat er meistens die längste Wurzel von allen Zähnen, die beim Menschen bis zur Höhe der halben Nase reichen kann. Wegen der großen Nähe der Wurzelspitze des Zahnes zum Auge wird der Eckzahn auch als Augenzahn bezeichnet.
Bei den Seitenzähnen werden die zwei kleineren, vorderen Zähne als Backenzähne (Prämolaren = vor den Molaren stehend), die drei letzten, großen Zähne in jedem Quadranten als Mahlzähne (Molaren) bezeichnet.
Bei den gezeigten Zähnen handelt es sich um die vier verschiedenen Zahntypen des menschlichen Gebisses. Die eingezeichneten Pfeile weisen in Richtung auf Strukturen im Mund, deren Namen zur Bezeichnung verschiedener Zahnflachen genutzt wird
Da Erkrankungen der Zähne nicht gleich den ganzen Zahn erfassen, muß der Zahnarzt die verschiedenen Zahnflächen untersuchen und dann auch jeweils die Fläche genau bezeichnen können, an der krankhafte Veränderungen aufgetreten sind. Er unterscheidet die Vorderseite (Seite zur Mittellinie hin = mesiat) von der Rückseite eines Zahnes (distal).
Die Kaufläche wird mit okklusal bezeichnet, was sich vom lateinischen Begriff „occludere“ = „einschließen, verschließen“ herleitet.
Zur Kennzeichnung der verbleibenden zwei Zahnflächen eines Zahnes orientiert sich der Zahnarzt an Strukturen im Mund wie der Zunge, dem Gaumen, den Wangen oder den Lippen und benennt sie mit den lateinischen Bezeichnungen, die Auskunft geben, zu welcher dieser Strukturen die Zahnfläche hinzeigt (siehe Tabelle).
Zahnmedizinische Fachbegriffe zur Zahnflächenkennzeichnung
Zahnfläche |
Fachbegriff |
Ursprung |
|
lippenwärts |
= labial |
labia |
= Lippe |
zungenwärts |
= lingual |
lingua |
= Zunge |
gaumenwärts |
= palatinal |
palatum |
= Gaumen |
wangenwärts |
= bukkal |
bucca |
= Wange |
zur Mittellinie |
= mesial |
media |
= Mitte |
zur Rückseite |
= distal |
distare |
= abgewandt stehen |
zur Kaufläche |
= okklusal |
occludere |
= einschließen |
zur Schneidekante |
= incisal |
incisum |
= Einschnitt |
zum Zahnhals |
= zervikal |
cervix |
= Hals |
zur Zahnwurzel |
= apikal |
apex |
= Spitze |
Um Zeit zu sparen, hat es sich eingebürgert, daß für bestimmte Flächenkombinationen jeweils nur die ersten Buchstaben der lateinischen Begriffe diktiert werden. Eine „mod“ Amalgamfüllung umfaßt also die Zahnflächen mesial, okklusal und distal.
Typische Kürzel sind:
• od = okklusal-distal
• mo = okklusal-mesial
• mod = okklusal-mesial-distal